Pfarrer Matthias Holzapfel gab beim Saarbrücker Hospizgespräch im Oktober Einblicke in das Lebensende und der Begleitung an diesem von queeren Menschen.
Das Saarbrücker Hospizgespräch im Oktober stand unter einem besonders sensiblen und aktuellen Thema: „Sterben queere Menschen anders? Anmerkungen zu einer sensiblen Sterbe- und Trauerbegleitung queerer Menschen.“ Mit diesem Thema griff die Veranstaltung, zu der sich Fachleute, Ehrenamtliche und Interessierte aus dem Hospiz- und Pflegebereich monatlich zusammenfinden, ein bisher oft unbeachtetes Thema der Hospiz- und Palliativversorgung auf. Der Referent des Abends war Pfarrer Matthias Holzapfel, der mit seinem Hintergrund als Seelsorger und langjähriger Begleiter von Menschen in Krisensituationen wichtige Perspektiven und Anregungen zu diesem Thema bot.
In seiner Einführung machte Pfarrer Holzapfel deutlich, warum die Frage nach einer spezifisch auf queere Menschen abgestimmten Sterbe- und Trauerbegleitung notwendig ist. Queere Menschen, also Menschen, deren sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität nicht der heteronormativen Norm entspricht, haben oft besondere Lebensrealitäten, die sich auch in ihren Bedürfnissen am Lebensende widerspiegeln. Vielfach haben queere Menschen Diskriminierung und gesellschaftliche Ablehnung erlebt, was oft eine tiefgehende Auswirkung auf ihr Selbstbild und ihre Beziehungen hat. Solche Erfahrungen können dazu führen, dass queere Menschen in schwierigen Situationen, wie etwa der Sterbe- und Trauerphase, besondere Ansprüche an die sie umgebenden Menschen und Strukturen haben.
„Sterbebegleitung bedeutet immer, dem anderen Menschen zu begegnen, ihn mit seiner einzigartigen Lebensgeschichte wahrzunehmen und anzunehmen“, betonte Holzapfel. Gerade bei queeren Menschen ist dies jedoch nicht immer selbstverständlich. Sie erleben häufig Vorurteile, werden missverstanden oder mit Stereotypen konfrontiert. Daher sei es wichtig, dass Menschen, die im Hospiz- und Palliativbereich arbeiten, für die besonderen Bedürfnisse und Themen queerer Menschen sensibilisiert werden. Nur so könne gewährleistet werden, dass sie sich in diesen entscheidenden Momenten des Lebens angenommen und verstanden fühlen.
Pfarrer Holzapfel legte großen Wert darauf zu erklären, dass es bei einer guten Sterbebegleitung nicht nur um medizinische oder pflegerische Kompetenz gehe, sondern auch um eine hohe emotionale Feinfühligkeit und Empathie. Für queere Menschen kann das besonders bedeutsam sein, weil sie oft erst spät im Leben oder auch nie die Freiheit gefunden haben, sich in ihrer Identität anzunehmen und zu zeigen. Viele queere Menschen leben in Lebenspartnerschaften, die nicht den traditionellen Familienstrukturen entsprechen, oder haben ein Freundschaftsnetzwerk aufgebaut, das ihnen Familie ersetzt. Die Sterbe- und Trauerbegleitung muss hier entsprechend offen und flexibel gestaltet werden, um diesen Lebensformen gerecht zu werden.
Ein wichtiger Punkt, den Holzapfel betonte, war der Umgang mit Angehörigen und nahestehenden Personen. Queere Menschen haben oft „Wahlfamilien“ – Menschen, die für sie wie Familie sind, aber mit denen sie nicht durch Blutsverwandtschaft verbunden sind. In der traditionellen Hospizarbeit wird häufig die leibliche Familie stark eingebunden, doch bei queeren Sterbenden kann es zentral sein, die Menschen zu berücksichtigen, die tatsächlich ihr Leben begleitet haben und ihre engsten Bindungen darstellen.
Holzapfel sprach auch darüber, wie wichtig es sei, dass Einrichtungen der Hospiz- und Palliativarbeit und die dort tätigen Haupt- und Ehrenamtlichen eine Atmosphäre der Offenheit und Toleranz vermitteln. Er forderte, dass das Thema Diversität und LGBTQ+-Sensibilität in die Ausbildung von Pflegepersonal und Ehrenamtlichen integriert werde. Dazu gehöre nicht nur das theoretische Wissen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, sondern auch die konkrete Auseinandersetzung mit möglichen Vorurteilen und Unsicherheiten.
„Es reicht nicht, wenn wir als Gesellschaft Toleranz predigen. In der Hospizarbeit muss es darum gehen, Liebe, Annahme und echtes Interesse am Leben des anderen Menschen zu zeigen“, so Holzapfel. Im Rahmen der Veranstaltung wurde diskutiert, wie Hospize queere Menschen besser erreichen und ein sicherer Ort für sie werden können. Dabei wurde deutlich, dass bereits kleine Anpassungen, wie die Verwendung einer inklusiven Sprache und eine diversitätsfreundliche Atmosphäre, einen großen Unterschied machen können.
Das Saarbrücker Hospizgespräch zeigte eindrucksvoll, dass der Bereich der Sterbebegleitung ständig im Wandel ist und sich den Lebensrealitäten und Bedürfnissen der Menschen anpassen muss. Pfarrer Matthias Holzapfel konnte mit seinem Vortrag ein Bewusstsein dafür schaffen, wie bedeutend eine sensible Begleitung für queere Menschen ist und wie wichtig es ist, dass Menschen am Lebensende so akzeptiert werden, wie sie sind – ohne Kompromisse und Vorurteile.